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Kirchturm

Das volle Kirchengeläut

... eine Minute

Wenn der Hahn zweimal kräht…

Der Wetterhahn auf unserem Kirchturm schweigt üblicherweise. Sein stummer Wink zur Wetterrichtung entgeht uns, längst holen wir unsere Wetterdaten aus ganz anderen Quellen. Dabei entgeht uns, dass der Hahn uns mahnt: Dreh dich nicht mit dem Wind, sondern bleibe standhaft und aufrecht, nicht das du am Ende vor Scham weinst wie Petrus, als der Hahn[1] krähte. (>Matthäus 26,69-75)

Scham und Schuld liegen dicht beieinander. Der Hahn thront auf dem Kreuz, genauso Zeichen dessen, welche Konsequenzen menschliches Handeln haben kann. Im Guten wie im Schlechten, den einen ist es eine Torheit, den anderen Triumphzeichen über den Tod.

Den Turmhelm mit Kreuz und Hahn bildet eine „Welsche Haube“, eine Kunstform der Kirchturmspitze in Ziebelform. Darunter verbergen sich die Glocken – gemäß der festgelegten Läuteordnung läuten sie im Halbstundentakt und zum Ruf gottesdienstlichen Geschehens. Da unsere Glocke um Halb nur einmal schlägt und der Blick auf die Uhr besonders auf so manch nächtlichem Heimweg schwierig ist, gibt es auf die einfache Frage nach der Zeit des Nach-Hause-Kommens eine einfache Antwort: "Um Halb, ich hab´s Läuten hören."

Im gemauerten Teil des Turms steckt die Uhr[2]. Ein Blick in den Uhrenschrank in der Lutherstube zeugt von der Größe, den die Mechanik einst benötigte, heute muss niemand mehr ein Pendel antreiben. Überhaupt ist die Lutherstube spannend: Ein alter Wetterhahn mit Einschüssen von Gewehren findet sich dort. Es lohnt auch ein Blick auf die alten Bilder und die in der Stube ausgestellten Stücke. Der Legende nach übernachtete einst Luther in diesem Turmzimmer, daher der Name.

Vom Turm nach unten führt der Weg an der Orgel vorbei, die am 5.Februar 1967 eingeweiht wurde. Unter dem Stichwort „Kirchenschiff“ findet der geneigte Leser einen spannenden, bebilderten Bericht über die historische und über die aktuelle Orgel. Über eine Audiodatei hören wir auch die Orgelklänge (ein Beitrag von unserem Organisten Volker Reichard).

Von der Empore hinunter führt der Weg in das Turmportal. Es ist ein Ort zwischen Profanem und Heiligem: Hier werden von so manchem Brautpaar die letzten Absprachen getroffen, Regenschirme abgestellt und sich begrüßt und verabschiedet. Plakate weisen auf Veranstaltungen der Gemeinde hin und es gibt reichlich kostenloses Schriftgut zum Mitnehmen, u. A. das sonntägliche Wort für die Woche. Im Turm steht der alte Taufstein, einst gefunden am Pfarrhaus. Für viele Gottesdienstbesucher ist der der Turm ein Ort des Sich-Sammelns: Die Stimme wird leiser, Menschen atmen noch einmal durch, bevor sie den Kirchraum betreten. Vor einigen Jahren konnten Kirchenbesucher außerdem dort die Osterlandschaft bewundern.

An der Decke erkennt man den Schlussstein [3], der fast die Lutherrose vermuten lässt. Aber dieser Stein wurde bereits vor Luthers Auftreten eingebaut und hält das Deckengewölbe. Er wurde in vielen Kirchen während der Romanik bzw. Gotik als verzierter Schlussstein in Rund- oder Spitzgewölben und -bögen eingebaut.

Wer den Turmeingang benutzen will und vor dem Portal steht, kann auf einem Stein - eingemauert am rechten Portalpfosten - die Zahl 1467[4] entdecken. Der Turm ist damit älter als wir alle, und voller Ehrfurcht blickt so mancher Besucher nach oben entlang den alten Mauern. Die mächtigen Fundamente lassen den Rückschluss zu, dass es sich bei dem Turm um den ehemaligen Burgfried der Burganlage handeln könnte. Hatte dieser einst die Aufgabe, den Feind als letztes Mittel mit Steinen bewerfen zu können, hat der Turm nun seit über 500 Jahren die Aufgabe, mit seinen vier Glocken zum Gebet zu rufen. Ein Blick auf die Uhr verrät dann auch, um welches Halb es sich handelt. Und selbst der Blick auf den Wetterhahn kann sich lohnen. Schaut dieser über den „Windhof“ nach Hembach, so wird erzählt, gibt es Regen.

(ursprünglicher Text [Autor unbekannt], verändert Röttger/ Reichard)

[1] 2009 Blick vom Kirchturm aufs Pfarrhaus

[2] mächtige Turmuhr am 30.08.2009

[3] der Schlussstein - Decke Turmeingang

[4] meine persönliche Interpretation nach längerem Studium mittelalterlicher Minuskeln und Majuskeln. Es erwies sich als zutreffend. (Röttger)

Fotos zum Text

Ev. KG KBrom
[1] Blick vom Kirchturm auf das Pfarrhaus
Ev. KG KBrom
[2] Mächtige Turmuhr
Ev. KG KBrom
[3]Schlussstein Decke Haupteingang
Ev. KG KBrom
[4] Jahreszahl 1467
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